In der letzten Lektion haben wir einen flüchtigen Blick auf po/fo, fko und sno bzw. ihre Genitivformen peyä/feyä, fkeyä und sneyä geworfen. Jetzt werfen wir ein oder zwei genauere Blicke auf das Ganze.
Fko
Dies ist ein Pronomen wie z.B. oe oder nga und bedeutet “man”. Es ist in seiner Bedeutung das allgemeinste („unbestimmte”) Pronomen, was oft auch in speziellen Konstruktionen Anwendung findet, zum Beispiel, um die “passive Stimme” zu bilden.
Fko dient auch als nützliches Werkzeug, um generell allgemeine Aussagen zu treffen und wird im “fortgeschrittenen” Sprachgebrauch oft verwendet und mindestens genauso oft “fallen gelassen”; wenn sich nämlich aus dem Kontext heraus nicht ergibt, um welches Subjekt es sich im (Teil-)Satz handelt, wird dort immer ein nicht sichtbares fko verstanden. Beispiele:
Oeru (fko) syaw Lìle’. Man nennt/ruft mich Lìle’. / Ich heiße Lìle’.
(Fko) ke tsun yivom tsat. Das kann man nicht essen.
Tsun (fko) sivar hänit fte payoangit stivä’nì. Man kann ein Netz benutzen, um einen Fisch zu fangen.
Fko san ngaru lu mowan Txilte ulte poru nga. Man sagt/munkelt, dass du Txilte attraktiv findest und sie dich.
Tsalì’uri (fko) pamrel si fyape? Wie schreibt man jenes Wort?
Palulukan new fkoti yivom. Der Thanator möchte einen essen.
Kin (fkol) frainanfyat. Man braucht alle Sinne.
Eyawrfyari (fko) zene tslivam fya’ot a mìn kifkey. Was den richtigen Weg betrifft, muss (man) verstehen, wie die Welt sich dreht.
So etwas wie „passive Stimme”
In der Sprache der Na’vi gibt es so etwas wie die „passive Stimme” nicht direkt, aber es gibt einen Weg, wie man so etwas in der Art kreieren kann. Dafür braucht man oft nicht nur fko, sondern auch eine bestimmte Wortordnung bzw. Satzstellung: OSV, also Objekt, Subjekt, Verb oder T, L und Verb. Fko dient hierbei als Subjekt. Aber was die passive Stimme ist, wie man sie auf Na’vi richtig verwendet und so weiter wird erst in Lektion 29 erklärt, hier derweil nur drei kleine Beispiele:
Seyluti fkol ‘em. Man kocht die Teylu. = Die Teylu werden gekocht.
Kelutralti fkol ska’a. Man greift den Heimatbaum an. = Der Heimatbaum wird angegriffen.
Neytiriti fkol pänutolìng oeru! Man hat mir Neytiri versprochen = Neytiri wurde mir versprochen!
Fkeyä
… ist der Genitiv von fko. Beispiel:
Zene fko hivawnu menarit fkeyä. Man muss seine (beiden) Augen schützen.
Zu fkeyä habe ich übrigens nur diesen einen Beispielsatz gefunden. Es wird augenscheinlich also nur sehr selten verwendet. Aber es schadet ja nicht zu wissen, dass es existiert Weitere Anwendungsmöglichkeiten von fko + fkeyä aus dem Deutschen wären dennoch denkbar:
„In dieser Wechselstube kann man sein Geld wechseln lassen.”
„Man sollte den Ölstand seines Autos überprüfen, ehe man eine längere Reise antritt.”
„An diesem Strand kann man so richtig seine Seele baumeln lassen, findest du nicht?”
Sno
Dies ist ein reflexives Pronomen der dritten Person, soll heißen, dass es sich immer auf ein Nomen des Teilsatzes / Satzglieds (zurück) bezieht, in dem es verwendet wird. Es bedeutet so viel wie “er/sie/es selbst” (Singular oder Plural, Hauptsache dritte Person [er/sie/es, sie] - sno selbst kennt aber keine Pluralform, es bleibt immer sno). Beispiele:
Po yawne lu snor(u). Er/sie liebt sich selbst.
Olo’ä ayhapxìtul syuveti pxìmun’i snokip. Mitglieder eines Klans teilen Essen unter sich selbst / untereinander.
Fo smon (snoru) fìtsap nìwotx. Sie kennen sich alle gegenseitig.
Wir schauen uns sno, vor allem in Verwendung mit fìtsap, gesondert und genauer nochmal in Lektion 28 an.
Sneyä
… ist entsprechend der Genitiv von sno und bedeutet so viel wie “sein/ihr eigenes”. Beispiele:
Pol ‘em sneyä wutsot. Er kocht seine eigene Mahlzeit.
Unterschied zwischen peyä / feyä und sneyä
Ja, was ist denn der Unterschied, wann benutzt man peyä und wann sneyä? Nehmen wir mal den letzten Beispielsatz erneut als Beispiel:
Pol ‘em peyä wutsot. Er kocht seine Mahlzeit.
Aber wessen Mahlzeit genau? Nicht seine eigene Mahlzeit, sonst hätte man hier sneyä verwendet. Da hier peyä verwendet wurde, ist es also die Mahlzeit eines anderen „po”. Da peyä oftmals zu „undeutlich” sein und zu Verwirrung führen kann („über wessen Besitz reden wir jetzt eigentlich genau?”), schafft sneyä da Abhilfe:
Pol ‘em sneyä wutsot. Er kocht seine eigene Mahlzeit.
Diese Verwirrung bzw. Undeutlichkeit tritt aber nur bei der dritten Person bzw. peyä auf, bzw. wenn es in dem Kontext mehr als eine dritte Person gibt, die da zu Verwirrung führen könnte. Wenn ich z.B. über meinen oder deinen Besitz rede (oeyä/ngeyä), kann es ja unmissverständlich nur meiner oder deiner sein. Und sneyä ist in seiner Bedeutung da genauso „bombenfest”.
Ein weiteres Beispiel:
Sa’nokìl tse’a peyä ‘ite. Die Mutter sieht ihre Tochter. - Aber wessen Tochter genau? Jedenfalls die Tochter einer anderen Frau/Mutter.
Sa’nokìl tse’a sneyä ‘ite. Die Mutter sieht ihre eigene Tochter. Unmissverständlich
In längeren Sätzen mit einem oder meheren Nebensätzen kommt wieder die Regel ins Spiel, dass sich sno bzw. sneyä immer nur auf das Geschehen im Nebensatz bezieht, in dem es verwendet wurde:
Ateyol fpìl futa Ralul sneyä tsmuket ve’kì. Ateyo denkt, dass Ralul seine (eigene) Schwester hasst.
Hier bezieht sich sneyä auf Ralu, da es im selben Nebensatz wie Ralu steht, der durch futa eingeleitet wurde. Es befindet sich nicht im Hauptsatz, in dem Ateyo zu finden ist, weswegen sich sneyä hier nicht auf Ateyo beziehen kann.
Gegenbeispiel:
Ateyol fpìl futa Ralul peyä tsmuket ve’kì. Ateyo denkt, dass Ralul seine Schwester hasst.
Hier bezieht sich peyä auf Ateyo, nicht auf Ralu.
Übung I:
Rutxe, ralpeng tsaylì’ukìngit alu
- Poanìl ‘itanit sneyä vewng ulte meyam pot.
- Nguzanìl hangvurit tsmukeru ‘eylanä sneyä peng.
- Oeyä sa’nokìl tìng peyä ‘eylanur mestxelit akosman.
- Srungit ngeyä vin oel.
- Mefeyä nantangtsyìpìl trram mefalukantsyìpit oeyä frìp.
Vokabeln: rutxe = „bitte”; ralpeng = übersetzen; lì’ukìng = der Satz; ‘itan = der Sohn; vewng = sich um jemanden/etwas kümmern; meyam = (jemanden) umarmen; Nguzan = männlicher Eigenname; hangvur = lustige Geschichte, Witz; peng = berichten, erzählen; tìng = geben, schenken; stxeli = das Geschenk, die Gabe; kosman = wunderbar, toll, fantastisch; vin = ersuchen, erbitten, nach etwas fragen; frìp = beißen.
Übung II:
Fügt die korrekten Genitiv-Formen in die Lücken ein:
- ‘itel sa’nokit ____ tse’a. Die Tochter sieht ihre Mutter.
- ‘itanìl sempulit ____ tse’a. Der Sohn sieht seinen eigenen Vater.
- Ngal wutsoti ____ yom. Du isst unser Essen.
- Ngal tskoti ____ ____ munge. Du nimmst deines Vaters Bogen.
- Pol ‘upxaret ____ ____ nìn. Sie betrachtet die Nachricht deines Lehrers.