si- und tìng-Verben

si-Ver­ben

Was soll das jetzt schon wie­der sein? Nun, „si-Ver­ben” sind von sich aus immer intran­si­tiv und vie­le von ihnen kön­nen, wie ande­re intran­si­ti­ve Ver­ben, eben­falls ein indi­rek­tes Objekt samt R-Endung haben. War­um sie hier aber eine eige­ne Lek­ti­on ver­dient haben, zei­ge ich dir jetzt.

Sie sind näm­lich Ver­ben, die aus je zwei Wor­ten bestehen, zum Bei­spiel: irayo si. Irayo ist der Dank, und si ein klei­nes Hilfs­verb, dass von sich aus kei­ne eige­ne Bedeu­tung hat und auch nicht ohne „Part­ner­wort” ver­wen­det wer­den darf, aber zusam­men mit ande­ren Wör­tern eine neue Bedeu­tung bil­det bzw. erhält. So wird aus:

irayo - der Dank   →   irayo si - danken.

Ach­te dar­auf, dass du hier irayo si wirk­lich als ein Wort bzw. Verb siehst, als sei es von einer Mem­bran oder Klam­mer oder so umge­ben. Aus die­sem Grund darf nichts irayo und si tren­nen bzw. sich zwi­schen sie drän­geln - zumin­dest nicht ohne wei­te­res, aber dazu kom­men wir noch.

Wich­tig ist noch zu erwäh­nen, dass du nicht ein­fach wild irgend­wel­che Wör­ter her­neh­men und dar­an ein si anfü­gen darfst, um so neue si-Ver­ben zu bil­den - das ist und bleibt dem Vater der Spra­che, Karyu Pawl / Paul From­mer, vor­be­hal­ten. Wir müs­sen uns mit den si-Ver­ben begnü­gen, die offi­zi­ell in Wör­ter­bü­chern zu fin­den sind.

Na dann lass uns das Gan­ze doch mal in Bei­spie­len genau­er anschau­en und üben:

Ich dan­ke dir.
Wer dankt? - Ich = Sub­jekt.
Wem dan­ke ich? Dir. Du = indi­rek­tes Objekt = R-Endung.
Oe ngaru irayo si. = Ich dan­ke dir.

Ich grü­ße dich.
Hier haben wir wie­der eine Situa­ti­on, in der das deut­sche Verb tran­si­tiv ist (→ direk­tes Objekt, „Wer grüßt wen?”), das Equi­va­lent auf Na’­vi aller­dings intran­si­tiv ist (→ indi­rek­tes Objekt). Und nicht nur das, son­dern auch ein si-Verb. Auch die wer­den im Wör­ter­buch als vin. mar­kiert, also intran­si­ti­ves Verb, was dir mitt­ler­wei­le sagen soll­te, dass hier höchs­tens nur die R-Endung in Fra­ge käme:
Oe ngaru kaltxì si. = Ich grü­ße dich.
Dies kann im Deut­schen auch als „Ich sage dir Hal­lo” über­setzt wer­den, was der Struk­tur auf Na’­vi („Wem sage ich Hal­lo?”) näher kommt.

Okay! Du ahnst es sicher schon, jetzt bist wie­der du gefragt:

tìng-Ver­ben

Genau wie si-Ver­ben sind sie von Natur aus intran­si­tiv, kön­nen ein indi­rek­tes Objekt samt R-Endung haben und bestehen aus zwei Wör­tern, die ein Verb bil­den. Auch sie wer­den von Karyu Pawl vor­ge­ge­ben und kön­nen nicht frei von dir oder mir erschaf­fen werden.

Von den tìng-Ver­ben gibt es nicht so vie­le wie si-Ver­ben, und die meis­ten von ihnen sind auf die Sin­ne begrenzt, haben also etwas mit Wahr­neh­mung zu tun. Ich stel­le dir ein­fach mal eins davon genau­er vor:

Nari ist „das Auge”, tìng heißt „geben, schen­ken”. Zu einem Verb zusam­men­ge­fügt erhält man tìng nari, also qua­si „Auge geben”. Bedeu­ten soll die­ses Verb „hin­se­hen, (etwas) anschau­en, betrach­ten” - ergibt irgend­wie Sinn, oder? :D

Jetzt klin­geln bei dir im Hin­ter­stüb­chen viel­leicht die Alarm­glo­cken und du erin­nerst dich an die Bei­spiel­sät­ze von vor ein paar Lek­tio­nen, in denen tìng anders ver­wen­det wur­de - näm­lich tran­si­tiv (vtr.), also mit L, T und R. Was ist da los?

Nun, allei­ne ver­wen­det kön­nen wir tìng so natür­lich anwen­den. Ich ver­deut­li­che dir das mal anhand fol­gen­den Beispiels:

Oel ngaru tìng nariti. = Ich gebe dir ein Auge.

Bäh, irgend­wie eklig, oder? xD Das Gan­ze ist so mög­lich, gram­ma­ti­ka­lisch betrach­tet. Aber es heißt halt wirk­lich, dass ich dir ein Auge gebe, und nicht, dass ich dich anschaue oder betrach­te. Dafür gibt es eben tìng nari, wel­ches ein eige­nes neu­es intran­si­ti­ves (vin.) Verb bil­det - und fol­gen­der­ma­ßen nur mit R ver­wen­det wird:

Oe ngaru tìng nari. = Ich schaue dich an.

Gut, jetzt bist du natür­lich wie­der dran! ;D

Das war schon ganz schön viel Stoff. Wenn du noch Pro­ble­me damit haben soll­test, dir das alles zu mer­ken: kein Pro­blem! Das kommt alles mit der Zeit und Übung. Und dabei hilft dir viel­leicht noch die­ses klei­ne Flow­chart, falls du dich mal ver­lo­ren füh­len solltest: