Gefühls­du­sel­eif

Jetzt geht’s um Gefüh­le! Wie drückt man Lie­be, Zunei­gung, Ver­trau­en und der­glei­chen aus? Oder auch nega­ti­ve Gefühle?

efu haben wir ja bereits ken­nen gelernt. Es ist für inne­re Wahr­neh­mun­gen und Gefüh­le gedacht, zum Bei­spiel „sich müde füh­len”, „sich krank füh­len” oder „sich glück­lich füh­len” und so wei­ter. Falls du dein Wis­sen dar­um auf­fri­schen magst, schau noch ein­mal in fol­gen­de Lek­ti­on rein: Die vier Gesich­ter des Seins

Hier soll es nun aber um das Kom­mu­ni­zie­ren von Gefüh­len und Emo­tio­nen zu außen­ste­hen­den Objek­ten oder Lebe­we­sen gehen.

Die lie­be Liebe

Man kann etwas lie­ben, zum Bei­spiel Piz­za, oder Lebe­we­sen, wie z.B. den Ehe­part­ner. Auch hier ver­wen­det das Deut­sche ein und das­sel­be Verb, wäh­rend die Na’­vi hier gro­ße Unter­schie­de machen:

Gegen­stän­de oder Objek­te lieben

Blei­ben wir beim Bei­spiel „Piz­za”: Man kann sie mögen, oder auch lie­ben. Mögen ist hier schon ein­mal ein hilf­rei­cher Hin­weis, denn die­ses Kon­zept dreht sich voll und ganz um das Verb sunu, „gefal­len, Freu­de brin­gen; mögen” zusam­men mit dem Dativ bzw. indi­rek­ten Objekt (wie in der Lek­ti­on Mehr indi­rek­te Objek­te erklärt) :

Oeru sunu pìt­sa*. - Mir gefällt Piz­za. = Ich mag Piz­za. | * pìt­sa ist hier ein Lehn­wort, qua­si das Wort „Piz­za” in das Laut­bild der Spra­che der Na’­vi übertragen.
Das geht schon in die rich­ti­ge Rich­tung, drückt aber noch nicht die Inten­si­tät aus, die „Ich lie­be Piz­za” transportiert.

Dafür ver­wen­den wir das Verb txasunu, „enorm gefal­len; sehr mögen”, qua­si eine gestei­ger­te Form von sunu:

Oeru txasunu pìt­sa. - Mir gefällt Piz­za enorm. = Ich lie­be Pizza.

Ein wei­te­res Beispiel:
‘even­gur fil sunu. - Das Kind mag das Spielzeug.
even­gur fil txasunu. - Das Kind liebt das Spielzeug.

Die pla­to­ni­sche Lie­be zu Per­so­nen oder Lebewesen

Sunu und txasunu wären hier irgend­wie komisch bzw. unan­ge­bracht - statt­des­sen haben wir hier­für Wör­ter bzw. Kon­struk­tio­nen, die mit yawne („geliebt”) zu tun haben. Denn die­se sind der Lie­be zu Lebe­we­sen vor­be­hal­ten. Auch hier ist wie­der der Dativ bzw. das indi­rek­te Objekt gefragt, neben lu.

Yawne ist ein Adjek­tiv (adj.), ein Verb für „lie­ben” ken­nen die Na’­vi nicht. Wie sagt man dann zum Bei­spiel „Ich lie­be dich”? Na, so:

Nga lu oeru yawne. - Du bist mir geliebt. = Ich lie­be dich.

Yawne („geliebt”) bzw. yawn („die Lie­be”) steht hier ent­we­der für pla­to­ni­sche Lie­be, also tief emp­fun­de­ne Zunei­gung zu z.B. Freun­den und Fami­li­en­mit­glie­dern oder Tie­ren oder auch roman­ti­sche Lie­be zwi­schen Gelieb­ten oder Ehepartnern.

Mo’at Neytiriru yawne lu. - Ney­ti­ri liebt Mo’at.
Mo’at ist Ney­ti­ris Mut­ter, daher ist hier pla­to­ni­sche Lie­be zwi­schen Fami­li­en­mit­glie­dern gemeint.

Mo’at Eytuka­nur yawne lu. - Eytu­kan liebt Mo’at.
Mo’at ist Eytu­kans Ehe­frau, von daher ist es wahr­schein­lich, dass hier sei­ne roman­ti­sche Lie­be zu ihr gemeint ist - könn­te aber auch die pla­to­ni­sche gemeint sein. Oder ein­fach tief­ge­hen­de Lie­be zwi­schen See­len­ver­wand­ten, die bei­des sein kann.

Wenn dir das zu vage ist, und du wis­sen möch­test, wie man defi­ni­tiv klar­ma­chen kann, dass es sich bei Zunei­gung nicht um pla­to­ni­sche, son­dern roman­ti­sche Gefüh­le han­delt, lies ein­fach weiter:

Die roman­ti­sche Lie­be zu Per­so­nen oder Lebewesen

Hier kommt statt des Adjek­tivs yawne das Adjek­tiv tunu ins Spiel, was so viel wie „roman­tisch” bedeu­tet. Auf­grund des­sen ist es qua­si aus­ge­schlos­sen, dass bei tunu irgend­et­was ande­res gemeint sein könn­te als roman­ti­sche Gefüh­le. Ver­glei­chen wir die bei­den direkt einmal:

Nga lu oeru yawne. - Du bist mir geliebt. = Ich lie­be dich.
Hier kann pla­to­ni­sche oder roman­ti­sche Lie­be gemeint sein - oder auch bei­des gleichzeitig.

Ngari ‘efu oe tunu. - Was dich betrifft: Ich füh­le (mich) roman­tisch. = Ich habe roman­ti­sche Gefüh­le für dich. = Ich füh­le mich zu dir hin­ge­zo­gen. / Ich schwär­me für dich.
Hier wird nicht nur der Topi­cal ver­wen­det, son­dern hier ist defi­ni­tiv roman­ti­sche Zunei­gung gemeint. Du merkst aber viel­leicht schon, tunu hat eher (noch) nichts mit tief­grei­fen­der, ewig­wäh­ren­der Lie­be zu tun, son­dern mehr mit Ver­liebt­sein und Schmet­ter­lin­gen im Bauch, qua­si die Vor­stu­fe von yawne.

Ein yawnetu (oder auch yawntu) ist eine gelieb­te Per­son oder ein Gelieb­ter. Auch hier spie­gelt sich die Zwei­deu­tig­keit von yawne wie­der. Gemeint ist hier aber tief emp­fun­de­ne Lie­be, egal ob pla­to­nisch oder romantisch.
Ein tunutu hin­ge­gen ist ein Schwarm, also jemand, in den man sich frisch ver­liebt hat und für den man eben schwärmt, also roman­ti­sche Gefüh­le emp­fin­det, aber noch kei­ne tief emp­fun­de­ne Liebe.

Gefühls­be­kun­dun­gen

Gehen wir mal von dem The­ma „Lie­be” weg und wid­men uns einer grö­ße­ren Band­brei­te an Gefüh­len, denn außer Lie­be gibt es ja noch so viel anderes :D

Für die meis­ten Gefühls­be­kun­dun­gen gibt es eine fes­te Scha­blo­ne, die mit lu und dem Dativ gebil­det wird, also qua­si der Kon­struk­ti­on für „haben” (sie­he Mehr indi­rek­te Objek­te). Man sagt also, anders als im Deut­schen, nicht „ich bin stolz”, son­dern „mir ist Stolz / ich habe Stolz” und so weiter:

Oeru lu fpom. - Mir ist Wohl­sein. = Mir geht’s gut.

Oeru lu yayayr. - Mir ist Ver­wir­rung = Ich bin verwirrt.

Oeru lu fkxara. - Mir ist Stress. = Ich bin gestresst.

Poru lu yewla. - Ihm ist Ent­täu­schung. = Er ist enttäuscht.

Ngaru lu yawnyewla. - Dir ist Herz­schmerz. = Du hast ein gebro­che­nes Herz.

Man kann die­se Scha­blo­ne auch auf z.B. bestimm­te Per­so­nen oder The­men mün­zen, und zwar mit dem Topi­cal:

Pori lu oeru nrra. - Was sie betrifft: mir ist Stolz. = Ich bin stolz auf sie.

Fmawnìri oeru lu am’a. - Was die Neu­ig­keit betrifft: ich habe Zwei­fel. = Ich bezweif­le die Neu­ig­keit. / Ich habe Zwei­fel was die Neu­ig­keit angeht.

Dann gibt es aber noch die Scha­blo­ne, die für „ich lie­be dich” (s.o.) ver­wen­det wird - mit ihr kann man auch ande­res als Lie­be bekun­den, z.B. Vertrauen:

Nga oeru lu mal. - Du bist mir ver­trau­ens­wür­dig. = Ich ver­traue dir.

’o ngaru lesar lu. - Das Werk­zeug ist dir nütz­lich. = Du fin­dest das Werk­zeug nütz­lich. / Dir ist das Werk­zeug von Nutzen.