Es gibt ein „Sprichwort” innerhalb der Na’vi-Community; „translate the meaning, not the words”, also „Übersetze die Bedeutung, nicht die Wörter”. Dieses Sprichwort gibt es nicht umsonst, denn die „Denke” der Na’vi, vor allem auch was ihre Sprache angeht, ist ziemlich anders als unsere eigene, sprich die der Erdlinge, die eine indogermanische Sprache als Muttersprache haben, eben zum Beispiel Deutsch oder Englisch. Gerade Sprachanfänger haben damit verständlicherweise ein Problem:
Fpìl nìNa’vi - denke(n) wie die Na’vi…
Wie soll man das bitte anstellen?
Nun, es ist schwierig, vor allem am Anfang, über unsere „Denke” hinaus zu blicken und sich in das Hirn eines Na’vi zu versetzen. Es gibt aber einige Tipps und Tricks, wie man das Hineinwachsen in die Denkweise der Na’vi vielleicht beschleunigen, zumindest aber unterstützen kann. Hier möchte ich euch nun solche Tipps an die Hand geben.
1. Tipp: Beschäftigt euch mit der Kultur und Sprache der Na’vi
Schaut die Filme, lest die Comics, holt euch die Bücher, zum Beispiel den „Activist Survival Guide (ASG)” oder das neuere Buch „The World of Avatar: A Visual Exploration”, schmökert in Neytiris .PDF „The Na’vi”. Setzt euch damit auseinander, wie die Na’vi ihre Welt sehen und die Dinge handhaben, lernt sie kennen.
Setzt euch mit ihrer Sprache auseinander, insbesondere Sprichwörter oder Floskeln. Vor allem diese geben direkten Einblick darin, wie die Na’vi denken und diese Gedanken zum Ausdruck bringen, und das ist oft sehr anders, als wir das mit unserem „deutschen” Hirn handhaben würden.
Lernt selbst die Sprache, denn das gewährt euch nach und nach immer mehr Wissen und Verständnis darüber, wie die Sprache und Kultur der Na’vi direkt miteinander verwoben sind und einander beeinflussen.
Hier direkt eine Liste von Sprichworten bzw. Redensarten der Na’vi, die euch vielleicht bereits ein wenig weiterhelfen könnten:
Sprichwort / Redensart | wörtliche Übersetzung | Bedeutung / Anwendung |
sre fwa sngap zize’ (oft gekürzt zu sfsz) | bevor die Höllenfeuerwespe zusticht | so schnell wie möglich |
taronyut yom smarìl | Die Beute frisst den Jäger | Alles läuft schief, was schieflaufen kann Alles geht den Bach runter |
(ngari) txe’lan mawey (livu) | (Möge dein) Herz ruhig (sein) | Mach dir (darüber) keine Sorgen/keinen Kopf |
tsun (fko) pehem (sivi)? | Welche Handlung/was kann (man tun)? | Es ist wie es ist, was kann man da schon machen? Was willst’e da machen? So ist’s Leben nun mal. Tja, da kann man nix machen. |
ätxäle (si) pa(lu)lukanur (tsnì smarit livonu). | Einen Thanator darum bitten seine Beute freizulassen. | Etwas (versuchen zu) tun, was ganz offensichtlich nicht von Erfolg gekrönt sein wird |
Ke tsun fko tspivang torukit fa fwa pewnti snew Geläufiger/kürzer: pewn torukä |
Man kann Toruk nicht töten, indem (man seinen) Hals zuschnürt. Toruks Hals |
Eine Methode/etwas, die/das nicht funktionieren wird Etwas, das unmöglich ist (Das ist) unmöglich! |
Säfpìl asteng, tìkan ateng | Ähnliche Idee, gleiche Absicht. | Zwei Dumme, ein Gedanke. |
Kxetse sì mikyun kop plltxe. |
Der Schweif und das Ohr sprechen ebenfalls. | Körpersprache ist auch wichtig. Auch der Körper spricht. |
Fwäkì ke fwefwi | Die Gottesanbeterin pfeift nicht. | Es entspricht nicht meiner/deiner/seiner/ihrer Natur Das bin nicht ich / Das bist nicht du Etwas tun, was nicht seiner Natur entspricht |
‘ivong nìk’ong | Langsam erblühen / erblühe langsam | Immer mit der Ruhe / Nur die Ruhe / Lass dir Zeit |
(na) kenten mì kumpay | (wie) die Fächerechse im Gel | sich hilflos/gefangen fühlen / aufgeschmissen sein „Ich fühle mich hilflos”: oe ‘efu na kenten mì kumpay. |
(na) loreyu ‘awnampi | (wie) eine berührte Helicoradium (schöne Spiralpflanze) | extrem schüchtern/scheu sein „Sie ist extrem schüchtern”: po lu loreyu ‘awnampi. |
Kem amuiä, kum afe’ | Korrekte Handlung, schlechtes Resultat. | Etwas, das erfolgversprechend war, ist in die Hose gegangen. Der Wille ist das, was zählt. |
Flä ke flä, ley säfmi. | Erfolg haben oder nicht, der Versuch zählt. | Der Wille ist das, was zählt. |
Txo ke nìyo’ tsakrr nìyol | Falls nicht auf perfekte Weise, dann (wenigstens) flott. | Wenn du nicht perfekt sein kannst, sei wenigstens schnell. |
keynven sìn ketse | Auf Schwänze / Schweife treten | Sozial unbeholfen, merkwürdig, tollpatschig sein; anecken. |
Payìl a lipx tskxeti ripx. |
Wasser, das tropft, durchbohrt den Stein. | Steter Tropfen höhlt den Stein. |
Hìpey taronyu, hifwo yerik. |
Der Jäger zögert, der Yerik entkommt. | Wer zögert, ist verloren. Man darf nicht zögern. |
Fwa kan ke tam; zene swizawit livonu. |
Zu zielen genügt nicht; man muss den Pfeil auch lösen. | Wer A sagt, muss auch B sagen. Man muss Worten auch Taten folgen lassen. Man muss den Weg, den man beschreitet, auch zu Ende gehen. |
Txìm a’aw ke tsun hiveyn mì tal mefa’liyä. | Ein Popo kann nicht auf dem Rücken zweier Pa’li sitzen. | Man kann nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Man muss sich für eine Sache entscheiden. |
(‘uol) txe’lanti wrrzärìp. | (Etwas) zieht das Herz heraus. | (Etwas) rührt / berührt / bewegt / ergreift einen sehr emotional Oeri peyä aylì’ul txe’lanti wrrzolärìp. - „Ihre Worte haben mich sehr / immens berührt.” |
Eine weitere Liste mit Redensarten und Floskeln findet ihr in Lektion 33. Sie kann euch noch mehr Einblick in die „Na’vi-Denke” gewähren.
2. Tipp: Schaut auf die eigentliche Bedeutung dessen, was ihr sagen wollt
Geht einen Schritt zurück, überlegt kurz, analysiert, ehe ihr direkt ins kalte Wasser springt und losübersetzt. Schaut genauer darauf, was das, was ihr sagen wollt, eigentlich meint und aussagen will. Denn dadurch kommt man diesem Spruch „Übersetze die Bedeutung, nicht die Wörter” ein gutes Stück näher. Einige Beispiele:
„Die Sonne scheint.” Das könnte man wörtlich, also Wort für Wort übersetzen, aber das Ergebnis wäre nicht das, was die Na’vi sagen würden. Gehen wir den Prozess mal durch:
Wenn ich „Sonne” und „scheinen” im Wörterbuch eingebe, werden mir die Wörter tsawke und lam ausgespuckt. Aber Vorsicht, lam bedeutet hier nicht „scheinen” im Sinne von „Licht abgeben”, sondern „erscheinen”, wie in: „Mir (er)scheint, dass du müde bist”. Tsawke lam hieße also so viel wie „Die Sonne (er)scheint…” - nun, wem und wie? Gelb und warm? Das ist nicht das, was wir sagen wollen.
„Leuchten” heißt nrr, das wäre schon näher daran, was wir sagen wollen, denn die Sonne gibt ja Licht ab, sie erhellt den Tag. Tsawke nrr würde aber auch tatsächlich nur das aussagen, nämlich, dass die Sonne Licht abgibt. Auch nicht so ganz das, was wir sagen wollen, oder nicht? Was soll „Die Sonne scheint” denn genau sagen?
Eigentlich ja eher, dass das Wetter schön ist - die Sonne erhellt den Tag und die Gemüter. Sie ist in unseren menschlichen Köpfen nicht nur ein lebloser glimmender Gasball am Firmament, sondern fast schon eine personifizierte Entität, die Leben spendet und uns gut tut. Und die Na’vi sehen das ähnlich: Die Sonne strahlt, wie ein strahlendes Lächeln, und sie zaubert damit dem ein oder anderen selbst ein Lächeln auf’s Gesicht. Die Na’vi sagen also tatsächlich stattdessen: Tsawke lrrtok si. „Die Sonne lächelt.” = „Die Sonne scheint.”
„Ich verstehe dich nicht.” Das kann in z.B. zwei verschiedenen Situationen verwendet werden:
Eine wäre, dass man sein Gegenüber akustisch nicht versteht, z.B. weil die Telefonverbindung wegen miesem Empfang so schlecht ist, Wörter kommen nur abgehackt durch oder der Ton ist ganz krisselig, man kann sein Gegenüber schlecht hören und deswegen nicht verstehen.
Die andere Situation wäre, dass man das, was in seinem Gegenüber vorgeht, nicht verstehen oder nachvollziehen kann, seine Beweggründe, Absichten, Gefühle oder Gedanken.
Schauen wir uns diese beiden Situationen mal genauer an:
Nun, die Na’vi benutzen keine Telefone, aber es gibt rein theoretisch ja andere Situationen auf Pandora, wo der „Empfang” schlecht sein könnte. Zum Beispiel während zwei Jäger auf dem Rücken ihrer Ikrane durch die Luft fliegen, und das Rauschen des Windes in den Ohren die Worte des Flugpartners überdeckt. „Ich verstehe dich nicht” bedeutet in dieser Situation ja eigentlich, dass man die Worte seines Gegenübers nicht verstehen kann, oder? Und genau so würden die Na’vi das sagen: Aylì’uti ngeyä oel ke tslam. „Deine Worte verstehe ich nicht.” = „Ich verstehe dich nicht.”
Tslam bedeutet so viel wie „verstehen, begreifen”, also wäre es ein verständlicher Impuls, dieses Wort auch in der zweiten Situation zu verwenden - nämlich dann, wenn man die Gedanken, Absichten, Beweggründe oder Gefühle seines Gegenübers nicht nachvollziehen kann. Aber Vorsicht, das wäre in diesem Fall nicht das richtige Wort, wie ihr euch vielleicht schon denken konntet. Tslam wird nämlich vorwiegend für das Verstehen bzw. Begreifen von Infos oder Wissen verwendet. Wenn man zum Beispiel Probleme beim Verstehen eines Themas in der Schule hat… und auf einmal fällt es einem wie Schuppen von den Augen und man versteht es endlich doch, das ist tslam. Aber welches Wort wäre dann das richtige für die zweite Situation?
Na ja, da haben wir zwei Optionen. Die erste wäre inan. Übersetzt wird dieses Wörtchen mit „lesen; Wissen durch sinnliche Eindrücke erhalten”. Puh, was soll das denn bitte bedeuten? Tse, im Kontext von „jemanden verstehen” heißt es eher so viel wie „jemanden lesen, seine Gedanken/Gefühle/etc. analysieren, Wissen darüber erlangen”. Quasi „nachvollziehen”, Empathie walten lassen, sich in jemand anderen hineinversetzen und so letztlich verstehen. Wenn wir also inan hier verwenden, erhalten wir so viel wie: Oel ngati ke inan. „Ich lese dich nicht.” = „Ich verstehe dich nicht” (z.B. wie du tickst, was das soll, warum du das gemacht hast, was auch immer).
Eine Steigerung davon bringt uns zu unserer zweiten Option, nämlich kame. Und ich meine hier „Steigerung”, denn kame ist ein sehr geladenes Wort mit einer sehr intensiven Bedeutung, von daher ist es mit entsprechender Vorsicht zu benutzen. Im positiven Sinne verwendet, bekundet es ein tiefgreifendes Verständnis seines Gegenübers, man sieht sein Gegenüber spirituell, seinen Kern, seine Seele bzw. Essenz und akzeptiert diese, umarmt sie, heißt sie ohne Wenn und Aber willkommen. Wir alle kennen den Satz Oel ngati kameie, der genau das aussagt: „Ich sehe dich spirituell, ich sehe in dich hinein, ich akzeptiere und umarme dich, deinen Kern, das, was dich ausmacht, deine Seele.”
Wenn wir das also ins Negative umkehren, also verneinen, kann das entsprechend verheerend sein, denn jemanden und dessen Seele nicht zu sehen, verstehen, akzeptieren, umarmen, kann echt desaströs sein - denn dann lehnt man jemanden im Kern ab, spricht ihm seine emotionale und spirituelle Verbundenheit zu sich selbst ab. Deswegen meinte ich, dass das mit Vorsicht zu genießen ist, denn das kann Freundschaften oder mehr zerstören. Also ja, oel ngati ke kame wäre die zweite Option, aber die ist echt harter Tobak, denn übersetzt wird daraus: „Ich sehe dich nicht”. = „Ich verstehe dich nicht, ich akzeptiere dich nicht, umarme dich und deinen Kern nicht, lehne dich als Person und Seele ab.”
Nehmen wir noch ein drittes und letztes Beispiel, und zwar ein Sprichwort:
„Schönheit liegt im Auge des Betrachters.” Bevor wir das Wörterbuch als Übersetzer hernehmen wollen (was ein Wörterbuch nicht ist, es ist kein Übersetzer, sondern ein Nachschlagewerk), halten wir kurz inne, gehen einen Schritt zurück und schauen uns an, was uns dieses Sprichwort eigentlich sagen will. Liegt Schönheit im Auge selbst, also physisch als Fremdkörper, braucht man einen Augenarzt? Wohl eher nicht. Im Grunde sagt das Sprichwort ja nur, dass Schönheit subjektiv ist, also von jedem Menschen anders wahrgenommen werden kann oder für jeden etwas anderes bedeutet. Einige finden Bilder von Picasso schön, andere rümpfen darüber nur die Nase, zum Beispiel. Oder einige finden Perserkatzen bildhübsch, andere können mit der eingedrückten Nase kaum etwas anfangen. Okay. Mit diesem Ansatz könnte man das Sprichwort umformulieren:
„Schönheit bedeutet für jeden etwas anderes.” oder „Schönheit ist für jeden unterschiedlich.” Und so könnte man es auch ganz einfach auf Na’vi übersetzen, ohne dabei die Bedeutung bzw. die Aussage des Sprichworts zu verlieren: Tìlorìri frapoä fpìlfya lu keteng. „Was Schönheit betrifft, ist jedermanns Denkweise anders.” = „Schönheit liegt im Auge des Betrachters.”
3. Tipp: Vereinfacht und/oder umschreibt so gut ihr nur könnt
Bisher habt ihr in den vorangegangenen Lektionen zahlreiche Beispiele finden können, die zeigen, dass das Resultat auf Na’vi teilweise extrem anders aussieht als der Ursprungssatz auf Deutsch (zumindest die wörtliche Übersetzung). Gerade am Beginn der Reise namens „Na’vi lernen” kann das ziemlich verwirrend wirken und leider mehr Fragezeichen über’m Kopf hinterlassen als Glühbirnen. Hier möchte ich aber nochmal einige „deutlichere” (Negativ-)Beispiele nennen, an denen dieser Unterschied zwischen Denkweisen vielleicht noch etwas klarer wird:
- „Ich bin fertig (damit, etwas zu tun, zum Beispiel ein Projekt oder eine Aufgabe).”
Der erste Impuls wäre sicherlich dies wörtlich zu übersetzen, was in „oe lu hasey” resultieren würde. Aber hier ist auch schon das Problem: „lu hasey” wird vornehmlich für abgeschlossene Handlungen, Aufgaben, die Arbeit, Projekte, Zeremonien und dergleichen verwendet - nicht für die Person, die diese fertig gestellt hat. „Oe lu hasey” klingt also mehr nach „Ich bin erledigt” oder „Ich bin vollständig entwickelt als Mensch mit meinen Eigenschaften, meiner Persönlichkeit” oder „Ich bin / mein Leben ist fertig … und jetzt bin ich bereit zu sterben”. … Das funktioniert so also leider nicht
Stattdessen haben wir „hasey si” auf Na’vi, „(etwas) fertig stellen, vollenden, zur Vollendung bringen”. Wenn es also darum geht sagen zu wollen, dass man z.B. mit einem Projekt fertig ist, würde man eher „(tsari/tsa’ur) (oe) hasey soli” verwenden - „(was jene Sache angeht/jene Sache) habe (ich) fertig gestellt”.
Oder man sagt stattdessen einfach nur, dass die eigene Aufgabe etc. fertig ist: ([Tìkangkemvi/tìn/sl.] lu) hasey! - „Ich bin fertig (= erschöpft, müde, im Eimer)”
Wenn man blindlings nach Wörterbuch geht, wäre erste Impuls eines Übersetzungsversuchs sicherlich „oe lu alaksi” („Ich bin fertig/bereit”) oder, mit etwas mehr Nachdenken und Recherche, „oe lu ngeyn” („Ich bin müde”). Auf Na’vi verwendet man hier aber nicht lu, sondern ‘efu: „Oe ‘efu ngeyn.” („Ich fühle mich müde”).
Mehr dazu siehe (weiter unten) „Ich bin müde” / „Ich habe Hunger/Durst”. - „Ich verstehe ihn.”
Der erste Impuls wäre wahrscheinlich auch hier die wörtliche Übersetzung, resultierend in etwas wie „oel poti tslam”, aber wie ihr euch denken könnt, funktioniert das so auch nicht ganz. tslam wird zwar generell für „verstehen, begreifen” verwendet, man kann es so aber nicht für Personen benutzen, sondern nur für Wissen, Informationen etc.
Stattdessen haben wir dafür inan. inan bedeutet im „normalen” Sinne zwar, dass man etwas „liest” bzw. „durch Sinneseindrücke verinnerlicht, versteht, begreift”, im weiteren bzw. umgangssprachlichen Sinne bedeutet es aber auch (im Bezug auf Personen), dass man „jemanden versteht/weiß, wie jemand drauf ist oder wie jemand tickt”. Also wäre „oel poti inan” hier korrekt.
Ein weiteres Beispiel: „Er behandelt mich, als ob ich ihn nicht kennen würde”. → „Pol zeret oeti pxel tute a ke inan pot.” (wörtlich: „Er behandelt mich wie eine Person, die ihn nicht liest.”) - „Ich habe ihn (akustisch) nicht verstanden.”
Hier wäre inan widerrum falsch, da es hierbei um das Verstehen des Gesagten einer Person geht. Aber hierbei würde man auch nicht sagen „Oel poti ke tslolam”. Da es hierbei um das Verstehen der gesagten Worte geht, würde man eher sagen „Oel (peyä) aylì’uti ke tslolam”. Aus dem selben Grund fragt man auch, nachdem man jemanden nicht verstanden hat, nicht „Was (hast du gesagt)?” (peu) sondern „Welche Wörter hast du gesagt?”: „Paylì’u(ti ngal p[ìm/ol]lltxe)?” - „Ich bin müde.” / „Ich habe Hunger/Durst.”
Auch hier würde man wahrscheinlich zuerst zu lu greifen bzw. zu oeru lu („oeru lu tìohakx/tìväng”) („Mir ist Hunger/Durst”), aber ‘efu („fühlen”) wäre hier die beste Wahl. „Oe ‘efu ngeyn/ohakx/väng.” „Ich fühle (mich) müde/hungrig/durstig.” - „Ich werde bald weggehen.”
Ye’rìn (bald) ist ein praktisches Wort, welches man aber nicht immer verwenden sollte. Diesen Satz hier kann man schon durchaus wörtlich übersetzen, ohne ihn dabei „zu versauen”, aber irgendwie ist das Resultat dennoch „doppelt gemoppelt”: „Oe hìyum ye’rìn.” Das Infix <ìy> sagt ja von sich aus schon, dass die Handlung in naher Zukunft stattfinden wird - und mit ye’rìn zusammen ist das irgendwie… na ja, sagen wir mal „suboptimal”.
Ye’rìn kann man also hier getrost weglassen, denn das Infix selbst hat die Bedeutung bereits ausreichend transportiert: „Oe hìyum.” Oder man lässt das Infix weg und verwendet stattdessen ye’rìn: „Oe hum ye’rìn.” - „Ich gehe bald”.
Die Na’vi lieben möglichst kurze und knackige Aussagen, für „Doppelmoppelei” haben sie meist keinen Nerv, hrh
Es sei denn, man möchte wirklich und bewusst (über-)betonen, dass der Zeitpunkt des Weggehens extrem nahe ist, dann kann man ruhig beides verwenden. - „Guten Tag / Gute Nacht!”
Die wörtliche Übersetzung würde so etwas wie „trr asìltsan / txon asìltsan” ausspucken, aber dies würde nur bedeuten, dass der Tag/die Nacht ein/e gute/r ist. Bedenkt: dieser Ausdruck („guten Tag!/gute Nacht!”) ist mehr eine Begrüßung oder ein Abschied als eine Feststellung, ob der Tag/die Nacht nun gut ist oder nicht - bzw. die Begrüßung „guten Tag” ist eher ein ausgesprochener Wunsch, dass mein Gegenüber einen guten Tag haben möge.
Um jemanden zu begrüßen, haben die Na’vi mehrere Möglichkeiten, darunter „Kaltxì” („Hallo”), „Kxì” („Hey, hi”) oder „Oel ngati kameie” („Ich sehe dich”). Um sich von jemandem zu verabschieden, sagen sie eher „Kìyevame” („Auf bald/mögen wir uns bald wiedersehen”) oder „Hayalovay” („bis zum nächsten Mal”) oder auch „Eywa ngahu” („Möge Eywa mit dir sein”); in dem hier genannten Zusammenhang wäre aber folgende Floskel (als Begrüßung!) die passendste: „Txon/trr lefpom (livu ngaru)”. „(Möge dir ein/e) friedliche/r Nacht/Tag (sein)”. Übrigens, zu trr lefpom / txon lefpom gibt’s in Lektion 27 mehr. - saylahe, saylahe, saylahe.
Mo’at (natürlich nicht die aus dem Film) hatte mal eine interessante Übersicht über häufige Anfängerfehler, die es zu vermeiden gilt erstellt - durchaus empfehlenswert, sich das mal durchzulesen
Was kann man nun also aktiv tun, um in diese „Na’vi-Denke” hinein zu wachsen?
- Wie oben schon erwähnt, schaut euch Sätze fortgeschrittener Na’vi-Schüler an. Übersetzt sie, aber schaut dabei besonders auf die einzelnen Elemente eines Satzes und wie diese sich gegenseitig beeinflussen und zuletzt eben zu der Aussage führen, die der Satz eben beinhaltet.
Nutzt Wörterbücher zum Nachschlagen und recherchieren, nicht als Übersetzer. Werft einen genauen Blick auf Wortklassen einzelner Wörter und deren Auswirkung auf Sätze und letztlich deren Bedeutung/Aussage. - Wendet die Sprache selbst aktiv an - und lasst erfahrenere Schüler eure Sätze ggf. korrigieren und erklären, warum euer Ausgangssatz so nicht ganz funktioniert. Nehmt diese Kritik an und versucht daraus zu lernen. So wird nicht nur euer Können allgemein im Laufe der Zeit besser, sondern euer eigenes Verständnis für die „Na’vi-Denke” wird genauso genährt und gefördert.
- Schaut euch geläufige Na’vi-Sprichwörter und Redensarten (siehe unten) an und analysiert sie. Sie gewähren direkten Einblick in die Denkweise und Kultur der Na’vi, bzw. das Wechselspiel zwischen beiden.
- Betrachtet eure eigene Muttersprache oder auch erlernte Fremdsprachen immer mit einem skeptischen Blick. Hinterfragt was gewisse Ausdrücke, Redewendungen etc. eigentlich aussagen bzw. meinen und versucht dann, statt einer 1:1-Übersetzung, diese Bedeutung auf Na’vi zu formulieren.
„Was sagt diese oder jene Floskel eigentlich genau aus, was ist ihre Bedeutung? Kann ich dieselbe Bedeutung auch mit anderen Wörtern genau so formulieren? Wie kann ich das dann auf Na’vi anwenden?” - Lasst euch Zeit mit alldem. Nicht nur das Erlernen einer Sprache, sondern auch das eigene Verständnis für selbige benötigen viel Zeit. Beim Erlernen und Verstehen einer Sprache verändern sich Bereiche im Hirn, und diese Veränderungen passieren weder von heute auf morgen, noch sind sie von Anfang an vollständig oder durch und durch gefestigt. Es ist ein Prozess - und dieser verläuft nicht immer geradlinig, also seid nicht zu streng mit euch selbst.
Hier noch einige Sprichwörter und Redensarten auf Na’vi, damit ihr nicht selbst danach suchen müsst
Eine weitere Liste mit Redensarten und Floskeln findet ihr in Lektion 33. Sie kann euch noch mehr Einblick in die „Na’vi-Denke” gewähren.
Was bedeutet eigentlich dieses verflixte hrh?!
Für den Fall, dass ihr es euch bisher noch nicht selbst herleiten konntet oder noch nicht über seinen Ursprung gestolpert seid:
hrh kommt von herangham und ist quasi das Na’vi-Equivalent unseres „lol” („laughing out loud”/„lauthals lachen” oder *lach*).
Ich glaube aber kaum, dass die Na’vi dies tatsächlich so verwenden würden - sie würden einfach… lachen
hrh ist also eine Wortschöpfung von Karyu Pawl für uns Nerds im Internet:
„What would LOL be?” - „Uh… laughing out loud… Uhm… It would have to do with the word herangham (…) maybe HRH.”
„Was wäre LOL?” - „Äh… lauthals lachen… Hmm… Es würde mit dem Wort herangham zu tun haben (…) vielleicht HRH.”
Es gibt übrigens auch noch hrhn, von herangham nìtxan/nìhawng und entspricht „rofl” („rolling on the floor, laughing”/„vor Lachen auf dem Boden herum rollen”).
Abkürzungen und Akronyme der Na’vi-schen Sprache
Solche hat die deutsche Sprache z.B. zu Genüge: z.B., bspw., usw., etc., ggf., vll., evtl., aber auch lol und so weiter. Ob die Na’vi solche auch kennen (geschweige denn verwenden würden, da sie ja nicht schreiben, sondern nur sprechen) ist fraglich - aber das heißt ja nicht, dass wir Erdlinge sie nicht kennen oder verwenden dürfen.
Hier also eine sehr überschaubare Liste der bis jetzt bekannten Abkürzungen und Akronyme:
Abkürzung / Akronym | steht für | heißt übersetzt | deutsches/englisches Gegenstück |
hrh | herangham | (am) lachen (sein) | lol, *lach* |
hrhn | herangham nìtxan / nìhawng | (zu) sehr (am) lachen (sein) | rofl |
sfsz | sre fwa sngap zize’ | bevor die Höllenfeuerwespe zusticht | so schnell wie möglich, asap |
sl | saylahe | und anderes | usw., etc. |
Im Zusammenhang mit Uhrzeiten: | |||
R | rewon | Morgen | morgens |
KxT | kxamtrr | Mittag | noon, mittags |
H | ha’ngir | Nachmittag | nachmittags |
K | kaym | (später) Nachmittag / Abend | nachmittags / abends |
TX | txon | Nacht | abends / nachts |
KxTx | kxamtxon | Mitternacht | nachts |
Ob mehr solcher Abkürzung entstehen ist nicht zwangsläufig die alleinige Aufgabe von Karyu Pawl - zum Beispiel könnte die allgemeine Sprachcommunity diese einfach vermehrt nutzen und so etablieren und zu etwas alltäglichem machen.
Daher hier einige meiner Vorschläge (!) für potentiell neue / zusätzliche Akronyme:
Abkürzung / Akronym | steht für | heißt übersetzt | deutsches/englisches Gegenstück |
nkn | natkenong | wie (zum) Beispiel | z.B., bspw., wie zum Beispiel |
sks | sunkesun | ob’s dir gefällt oder nicht | - |
mftx | mìftxele | in diesem Thema | übrigens, btw, was dieses Thema betrifft |
nvk | nìvingkap | ereilend, einfallend; übrigens | übrigens, btw, (neues Thema anschneidend) |
sk / skxk | skxakep / skxakep | wahrscheinlich | wahrscheinlich, vielleicht, vll., evtl. |
kxm | kxawm | vielleicht | vielleicht, vll., evtl. |
An dieser Stelle von mir ein kleiner Tipp, der mir beim Lernen der Zahlen SEHR geholfen hat.
Ich kam eines Tages im Auto sitzend auf die Idee die Zahlen auf den Nummernschildern laut zu lesen.
Wenn dort also z.B. XX-XX 123 stand, habe ich „ ‘aw… mune… pxey…” gesagt. Da die Zahlen recht willkürlich kommen, ist dies eine gute Übung, um zumindest die Zahlen zwischen 0 (kew) und neun (volaw) gut, sicher und auch schnell zu lernen und man kann es praktisch überall machen, wo man geht und steht
Mit Telefonnummern funktioniert das auch ganz gut…
Auch hilft es dem Langzeitgedächtnis enorm, wenn man z.B. während einer Unterhaltung oder eines Telefonats versucht, so viel wie möglich (je nach Geschwindigkeit / verfügbaren Worten) im Hinterkopf simultan zu übersetzen. Ihr werdet sehen, dass auf diese Weise das eine oder andere, oft täglich zigfach benutzte Wort irgendwann hängen bleibt. Das geht natürlich nur, wenn man schon etwas fortgeschritten ist.
Eines ist aber am wichtigsten:
Lasst Euch NICHT entmutigen und habt Spaß an der Sache!
Wenn man Spaß an einer Sache hat, kommt das Lernen fast von selbst, da das Gehirn dann offenbar in eine Art „More input needed” Modus schaltet
und immer dran denken:
Auch eine Tsahìk fällt nicht einfach so vom Himmel…
Andita.