Wort­stel­lung und Objekte

Na, hast du den ers­ten Teil des Kur­ses über die Grund­bau­stei­ne eines Sat­zes gut sacken las­sen? :D Dann kann’s ja wei­ter gehen!

Als ich sag­te, dass Na’­vi wie ein Klemm­bau­stein­sys­tem ist, mein­te ich das auch so. Von daher neh­men wir mal die Bei­spiel­sät­ze aus der vor­an­ge­gan­ge­nen Lek­ti­on und machen damit neue span­nen­de Dinge:

Wort­stel­lung

Aus dem Deut­schen ken­nen wir es, dass sie wich­tig für die Bedeu­tung eines Sat­zes ist. Ein ganz simp­les Beispiel:

Wenn ich die Wör­ter bzw. das Sub­jekt und das Verb im fol­gen­den Satz her­um­dre­he, wird aus einer Aus­sa­ge eine Fra­ge: „Der Hund rennt.” - „Rennt der Hund?”
Hier die drit­te gute Nach­richt: Auch so etwas gibt es bei den Na’­vi nicht - sie haben eine freie (bzw. fle­xi­ble) Wort­stel­lung! Egal wo wel­ches die­ser bei­den Wör­ter im Satz steht, die Bedeu­tung bleibt immer dieselbe:

Nantang­tsyìp tul. ↔ Tul nantang­tsyìp.
Heißt bei­des: „Der Hund rennt.”
Ganz egal wie her­um man es auch dreht.

Das ist für das „deutsch­spra­chi­ge Hirn” natür­lich erst ein­mal eine klei­ne Umge­wöh­nung, aber eine mach­ba­re. Und mit nur zwei Wör­tern ist das rela­tiv über­schau­bar, anders wird es natür­lich, wenn mehr Wör­ter ins Spiel kom­men, zum Beispiel…

Objek­te

Auweh, noch so ein Fach­be­griff. Sub­jekt, Objekt, Verb… Klingt ja schon wie­der nach lang­wei­li­gem Deutsch­un­ter­richt. Aber einen Moment Geduld noch, bitte ;P

Objekt: Ziel oder Betrof­fe­ner der Hand­lung / des Verbs im Satz. Kann erfragt wer­den mit: „Wen oder was?”

Neh­men wir wie­der erst ein­mal unse­re Bei­spie­le aus der letz­ten Lek­ti­on zur Hand, um uns genau­er anzu­schau­en, was da eigent­lich passiert.

Der Hund rennt. Nantang­tsyìp tul. „Ren­nen” kann kein Objekt haben, oder? Der Hund kann ja nie­man­den ren­nen. Du merkst also, nicht jedes Verb kann ein Objekt bzw. ein Ziel haben.
Ein Pferd schläft. Pa’li hahaw. Das­sel­be Spiel: „Schla­fen” kann kein Objekt haben, das Pferd kann nie­man­den schlafen.

Anders sieht es aber bei dem drit­ten Bei­spiel­satz aus der letz­ten Lek­ti­on aus:

Die Kat­ze jagt. Palukant­syìp taron. Die Kat­ze könn­te hier jeman­den oder etwas jagen, aber die­ser jemand oder die­ses etwas wur­de hier in dem Satz ein­fach nicht genannt, weil es eine all­ge­mei­ne Aus­sa­ge ist.
Wir könn­ten jetzt aber spe­zi­fi­scher wer­den, indem wir zum Bei­spiel sagen wollten:

Die Kat­ze jagt den Vogel.

Jetzt fin­den wir in die­sem Satz ein Ziel der Hand­lung, ein Objekt, denn der Vogel wird gejagt, ist der von der Kat­ze Gejag­te. So weit so gut, aber…

Wenn wir jetzt ver­su­chen wür­den die Wör­ter ein­fach durch ihre Equi­va­len­te der na’­vi­schen Spra­che aus­zu­tau­schen, wür­de das so nicht funk­tio­nie­ren, denn… wir haben ja die freie Wortstellung!
Im Deut­schen hilft sie uns u.a. zu erken­nen, wer hier wen jagt, und wenn man die Wör­ter im Deut­schen her­um­dreht, ändert sich auch sofort die Bedeutung:

Die Kat­ze jagt den Vogel. -vs.- Der Vogel jagt die Katze.

Die­sen Mecha­nis­mus gibt es bei den Na’­vi ja aber nicht. Die fle­xi­ble Wort­stel­lung macht uns da also einen fet­ten Strich durch die Rech­nung, da sie uns bei der Bedeu­tungs­bil­dung nicht hilft. Ich zei­ge dir war­um genau und jon­glie­re gemäß der frei­en Wort­stel­lung die Wör­ter mal herum:
Palukant­syìp taron yayo.
Ta
ron palukant­syìp yayo.

Yayo taron palukant­syìp.
Yayo palukant­syìp taron.
… und so weiter.

Könn­te so ja bei­des hei­ßen: „Die Kat­ze jagt den Vogel” oder „Der Vogel jagt die Katze”.
Woher soll man denn dann bit­te­schön hier genau wis­sen, wer wen jagt?!

Tja­aa.. um die­ses Pro­blem zu lösen, haben sich die Na’­vi was ziem­lich schlau­es ausgedacht:

Fall­endun­gen

Um kurz zur Meta­pher der Klemm­bau­stei­ne zurück­zu­keh­ren: Sie sind qua­si klei­ne Tei­le, die man ande­ren hin­zu­fügt, um so etwas Neu­es zu erhal­ten, das auf ein­mal eine neue Funk­ti­on im Satz erfüllt und ihm eine neue bzw. ande­re Bedeu­tung gibt.
Zwei die­ser Klemm­bau­stein-Fall­endun­gen sol­len, um ein durch die fle­xi­ble Wort­stel­lung sonst ver­ur­sach­tes Cha­os zu ver­mei­den, immer ganz klar mar­kie­ren, wer der Jäger (Sub­jekt) und wer der Gejag­te (Objekt) ist. Und die­se bei­den Fall­endun­gen dafür schau­en wir uns jetzt genau­er an:

Das Sub­jekt wird durch ein L mar­kiert. Das Objekt durch ein T. Aller­dings ist das nur eine Esels­brü­cke für dich, denn die Fall­endun­gen sehen je nach­dem, wor­auf das Wort, das mar­kiert wer­den soll, endet (Vokal oder Kon­so­nant), ein wenig anders aus:

Sub­jekt - L
„Wer oder was?”
Objekt - T
„Wen oder was?”
Vokal:
-l
Vokal:
-ti
Kon­so­nant:
-ìl
Kon­so­nant:
-it
Bei­spie­le:
Yayo (o = Vokal): Yayo-lyayol
Palu­kant­syìp (p = Kon­so­nant): Palu­kant­syìp-ìlpalu­kant­syìpìl
Bei­spie­le:
Yayo (o = Vokal): Yayo-tiyayo­ti
Palu­kant­syìp (p = Kon­so­nant): Palu­kant­syìp-itpalu­kant­syìpit
Fall­endun­gen kön­nen gene­rell nur an z.B. Sub­stan­ti­ve bzw. Nomen ange­hängt wer­den, nie an Ver­ben! Nomen wer­den in Wör­ter­bü­chern mit einem „n.” abgekürzt.

Okay, mit dem Wis­sen kön­nen wir uns noch­mal an den Satz von gera­de eben wagen:

Die Kat­ze jagt den Vogel. =Palukant­syìpìl yayoti taron.
Hier wur­de an palukant­syìp ein -ìl ange­hängt, wodurch es als Sub­jekt mar­kiert wird. Bei yayo wur­de ein -ti ange­hängt, was es somit zum Objekt macht.

Jetzt funk­tio­niert das, denn jetzt wer­den das Sub­jekt und das Objekt ganz klar durch die ent­spre­chen­de Fall­endung mar­kiert, jetzt ist glas­klar, wer hier wen jagt.
Und dar­an ändert auch eine ver­än­der­te Wort­stel­lung nichts, denn L und T blei­ben immer an dem Wort hän­gen, das sie ent­spre­chend mar­kie­ren sol­len:

Taron palukant­syìpìl yayoti.
Yayoti taron palukant­syìpìl.
Yayoti palukant­syìpìl taron.
Heißt jetzt dank der mar­kie­ren­den Fall­endun­gen immer: „Die Kat­ze jagt den Vogel”!

Was aber, wenn wir den Spieß her­um­dre­hen wol­len und der Jäger zum Gejag­ten wird? Ver­such es mal!
Der Vogel jagt die Kat­ze.

Die­ses Prin­zip der Fall­endun­gen kön­nen wir also auf alle erdenk­li­chen Wei­sen anwen­den, sofern das Verb ein Objekt haben kann.

Mer­ke: Sobald ein Objekt ins Spiel kommt, braucht man meis­tens Fall­endun­gen. Wenn kein Objekt vor­han­den ist, braucht man die­se nicht:
Die Kat­ze jagt einen Vogel. - Palukant­syìpìl yayoti taron.
Die Kat­ze jagt. - Palukant­syìp taron.

Aber genug davon, gön­ne dei­nem Gehirn ruhig wie­der eine klei­ne Pau­se, ehe du weitermachst :)