Ver­kürz­te Fall­endun­gen und so

Okay, so weit, so gut! Du hast bis­her schon echt viel gelernt. Falls du dir noch bei einem der bis­her vor­ge­stell­ten The­men unsi­cher sein soll­test, gehe ruhig noch ein­mal dort­hin zurück und arbei­te die Lek­ti­on in Ruhe durch. Denn jetzt geht’s um die ers­te Run­de Fein­schliff der hier bis­her vor­ge­stell­ten The­men der Spra­che: Ver­kürz­te Fall­endun­gen, ers­te Aus­nah­me­re­geln und wei­te­re sol­che Späße!

Du kannst die­se Lek­ti­on auch vor­erst über­sprin­gen und spä­ter zu ihr zurück­keh­ren, falls du magst.

War­um über­haupt die Ver­kür­zun­gen und Ausnahmen?

Dass (man­che) Fall­endun­gen über­haupt ver­kürzt wer­den dür­fen und wei­te­re der­lei Spä­ße mög­lich sind, liegt dar­an, dass
a) Na’­vi es gene­rell „kurz und bün­dig” mögen, soll hei­ßen, dass sie oft (= wann immer mög­lich / sinn­voll) Wör­ter oder Sil­ben aus­spa­ren und sie
b) stets den har­mo­ni­schen, rhyth­mi­schen Fluss zwi­schen Vokal und Kon­so­nant erhal­ten wol­len, der den Wohl­klang die­ser Spra­che über­haupt ausmacht.
Die Na’­vi sind gene­rell sehr auf Ästhe­tik und Har­mo­nie bedacht, und durch die­se heh­ren Zie­le ist eben dann und wann etwas Fein­schliff nötig, um der Situa­ti­on und dem Kon­text ange­passt ein mög­lichst stim­mi­ges Klang­bild der Spra­che zu erzeugen.

Außer­dem hat jede natür­lich vor­kom­men­de Spra­che auch irgend­wel­che Aus­nah­men und Unre­gel­mä­ßig­kei­ten zu ihren bestehen­den Gram­ma­tik­re­geln - das ist ein Ele­ment von vie­len, das kon­stru­ier­ten Spra­chen dabei hilft „natür­li­cher” oder „ech­ter” zu wir­ken. Lei­der! ;D Ja, „lei­der”, denn jede Aus­nah­me und Unre­gel­mä­ßig­keit muss man sich auch erst ein­mal mer­ken kön­nen, nicht wahr? ;)

Die­ser ers­te Tauch­gang in die­ses The­ma ermög­licht dir jeden­falls viel­leicht schon ein wenig mehr wie ein ech­ter Na’­vi zu klin­gen - die­se Knif­fe und Tricks anzu­wen­den ist aber kein Muss! Wenn du wei­ter­hin bei den bis­her gelern­ten For­men blei­ben möch­test, ist das voll­kom­men in Ordnung.
Das ist näm­lich ein net­ter Neben­ef­fekt des Gan­zen: Ob Fein­schliff oder nicht, die indi­vi­du­el­len Ent­schei­dun­gen eines jeden Sprach­an­wen­ders in die­sen Belan­gen erzeu­gen auto­ma­tisch eine indi­vi­du­el­le und per­sön­li­che Note. Jeder, der Na’­vi schon ein Weil­chen lernt, eig­net sich so über die Zeit sei­nen ganz indi­vi­du­el­len Duk­tus („Aus­drucks­wei­se”) an!

Fall­endun­gen - eine kom­plet­te Übersicht

Ich lis­te hier jetzt alle mög­li­chen Fall­endungs­va­ri­an­ten auf. Die ver­kürz­ten Fall­endun­gen mar­kie­re ich gelb, die Aus­nah­me­re­geln im Bezug auf sel­bi­ge in oran­ge, und die abso­lut nicht emp­feh­lens­wer­ten (weil „häss­lich” und/oder super sel­ten gebraucht, aber den­noch „lega­le”) Vari­an­ten mar­kie­re ich rot.
Kli­cke zum Aus­klap­pen der jewei­li­gen Fall­endungs­über­sich­ten ein­fach auf den Namen derselben:

Sub­jekt - L

Sub­jekt - L (-l, -ìl) - „Wer oder was?”

Voka­le
a, e, ì, i  l fkxaral, tutel, hapxìl, mautil
o, u l fki­ol, utul
-ia l soai­al
Dop­pel­lau­te
ay, ey ìl txam­payìl, keyìl
aw, ew ìl swi­za­wìl, paytxewìl
Pseu­do­vo­ka­le
ll, rr ìl ‘ewl­lìl, krrìl
Kon­so­nan­ten
k, kx, l, m, n, ng, p, px, r, t, tx
(Sil­ben bzw. Wör­ter kön­nen nicht auf f, h, s, ts, v, w, y, z enden)
ìl kavukìl, flaw­kxìl, filìl, ramìl, rìnìl, ramu­n­on­gìl, fwam­popìl, pìwopxìl, vurìl, masa­tìl, kxitxìl
Tìf­tang
ìl olo’ìl
So weit, so gut: Hier gibt’s noch kei­ne Über­ra­schun­gen - alles wie gelernt und erwartet…
Na gut, nicht ganz: Bei oeng und all sei­nen Plu­ral­for­men, ist die Endung nicht oen­gìl, son­dern oen­gal. Das liegt dar­an, dass oeng aus oe + nga zusam­men gesetzt, das a von nga aber „ver­schluckt” wur­de. Es taucht aber wie­der auf, wenn man Fall­endun­gen an die­ses Wort hän­gen möch­te, also auch die T-Endung und so wei­ter. Aber dazu mehr, wenn wir uns um Per­so­nal­pro­no­mi­na kümmern.
Direk­tes Objekt - T

Direk­tes Objekt - T (-t, -ti, -it) - „Wen oder was?”

Voka­le
a, e, ì, i  t, ti fkx­arat, fkxa­ra­ti - tutet, tute­ti - hapxìt, hapxì­ti
o, u t, ti fkiot, fkio­ti - utut, utu­ti
-ia t, ti soa­iat, soaiati
Dop­pel­lau­te
ay, ey t, ti, it txam­payt, txam­pay­ti, txam­payit - keyt, key­ti
aw, ew ti, it swi­zaw­ti, swi­za­wit - pay­t­xew­ti, paytxewit
Pseu­do­vo­ka­le
ll, rr ti, it ‘ewll­ti, ‘ewl­lit - krr­ti, krrit
Kon­so­nan­ten
k, kx, l, m, n, ng, p, px, r, t, tx
(Sil­ben bzw. Wör­ter kön­nen nicht auf f, h, s, ts, v, w, y, z enden)
ti, it kavuk­ti, kavu­kit - flaw­kx­ti, flaw­kxit - fil­ti, filit - ram­ti, ramit - rìn­ti, rìnit - ramu­n­ong­ti, ramu­n­on­git - fwam­p­op­ti, fwam­popit - pìwopx­ti, pìwopxit - vur­ti, vurit - masatti, masa­tit - kxitxti, kxit­xit
Tìf­tang
ti, it olo’­ti, olo’it
Wie du sehen kannst, bie­tet die T-Endung ganz schön vie­le Ver­kür­zun­gen. Inter­es­sant ist, dass -ti eigent­lich immer geht - auch wenn ich’s bei Wör­tern, die auf Kon­so­nan­ten enden, gene­rell eher nicht emp­feh­le. War­um? Weil Kon­so­nant-auf-Kon­so­nant ein­fach nicht so schön flie­ßend klingt wie Vokal-auf-Konsonant.
Indi­rek­tes Objekt - R

Indi­rek­tes Objekt - R (-r, -ru, -ur) - „Wem oder was?”

Voka­le
a, e, ì, i  r, ru fkx­arar, fkx­ara­ru - tuter, tute­ru - hapxìr, hapxìru
o, u r, ru fkior, fki­oru - utur, utu­ru
-ia r, ru soa­iar, soai­aru
Dop­pel­lau­te
ay, ey ru, ur txam­pay­ru, txam­payur - key­ru, keyur
aw, ew r, ru, ur swi­zawr, swi­zawru, swi­za­wur - pay­t­xewr, pay­t­xe­wru
Pseu­do­vo­ka­le
ll, rr ur ‘ewll - krrur
Kon­so­nan­ten
k, kx, l, m, n, ng, p, px, r, t, tx
(Sil­ben bzw. Wör­ter kön­nen nicht auf f, h, s, ts, v, w, y, z enden)
ur kavu­kur, flaw­k­xur, fil­ur, ramur, ramu­n­on­gur, fwam­po­pur, pìwop­xur, vurur, masa­tur, kxitxur
Tìf­tang
ru, ur olo’ru, olo’ur
Okay, die R-Endung hat auch eini­ges an Kür­zun­gen zu bieten.
Topi­cal - (Ì)RI

Topi­cal - (ì)RI (-ìri, -ri) - „Wor­um geht es? Wel­ches Thema?”

Voka­le
a, e, ì, i  ri fkx­ara­ri, tute­ri, hapxìri, mautiri
o, u ri fki­o­ri, uturi
-ia ri soaiari
Dop­pel­lau­te
ay, ey ri txam­pay­ri, keyri
aw, ew ri swi­zawri, paytxewri
Pseu­do­vo­ka­le
ll, rr ìri ‘ewl­lìri, krrìri
Kon­so­nan­ten
k, kx, l, m, n, ng, p, px, r, t, tx
(Sil­ben bzw. Wör­ter kön­nen nicht auf f, h, s, ts, v, w, y, z enden)
ìri kavukìri, flaw­kxìri, filìri, ramìri, rìnìri, ramu­n­on­gìri, fwam­popìri, pìwopxìri, vurìri, masa­tìri, kxitxìri
Tìf­tang
ìri olo’ìri
Der Topi­cal hält zum Glück kei­ne Über­ra­schun­gen bereit.
Geni­tiv - Ä

Geni­tiv - Ä (-yä, -ä) - „Wes­sen?”

Voka­le
a, e, ì, i  fkx­arayä, tuteyä, hapxìyä, mautiyä
o, u ä fkioä, utuä
-ia -iä soa
Per­so­nal-
pronomina
oe, nga, po, usw. -eyä oeyä, moeyä, ayoeyä - oengeyä, pxo­engeyä, ayoengeyä / awngeyä - ngeyä, mengeyä, pxengeyä, ayngeyä - peyä, mefeyä, pxefeyä, ayfeyä
Dop­pel­lau­te
ay, ey ä txam­payä, keyä
aw, ew ä swi­za­wä, paytxewä
Pseu­do­vo­ka­le
ll, rr ä ‘ewl­lä, krrä
Kon­so­nan­ten
k, kx, l, m, n, ng, p, px, r, t, tx
(Sil­ben bzw. Wör­ter kön­nen nicht auf f, h, s, ts, v, w, y, z enden)
ä kavu­kä, flaw­kxä, filä, ramä, rìnä, ramu­n­on­gä, fwam­po­pä, pìwopxä, vurä, masa­tä, kxitxä
Tìf­tang
ä olo’ä
Wenn man einen Schritt zurück geht und die Geni­tiv-Situa­ti­on etwas nüch­ter­ner betrach­tet, fällt auf, dass eigent­lich genau vier Voka­le hier die Aus­nah­me bil­den, da alles ande­re mit einem ä ver­se­hen wird :D Kür­zun­gen hält der Geni­tiv aber kei­ne bereit.
-
Per­so­nal­pro­no­mi­na bil­den hier eine gro­ße Aus­nah­me, aber auf die gehen wir wie erwähnt noch ein­mal geson­dert ein.

Du fragst dich jetzt sicherlich:

Muss ich mir das alles mer­ken können?”

Nein, natür­lich nicht! Du darfst ger­ne jeder­zeit hier oder woan­ders nach­schla­gen, wenn du dir mal nicht sicher sein oder gewis­se Fall­endungs­re­ge­lun­gen bzw. Fein­schlif­fe ver­ges­sen haben soll­test. Aber es wird im Lau­fe der Zeit wahr­schein­lich pas­sie­ren, dass du dir mehr und mehr davon auto­ma­tisch beim Anwen­den der Spra­che mer­ken kön­nen wirst.

Mir ist auch bewusst, dass sol­che Tabel­len wie hier ziem­lich drö­ge sind und man sich deren Inhal­te von Natur aus eher nur schlecht mer­ken kann, weil man sie eigent­lich nur aus­wen­dig ler­nen kann. Und das macht kei­nen Spaß, ich weiß. Des­we­gen erwar­te oder for­de­re ich das erst gar nicht von dir.

Ver­su­che dir viel­leicht nur fol­gen­des grob zu merken:

Die T-Endung -ti kann zu -t gekürzt wer­den, wenn sie auf einen Vokal oder die Dop­pel­lau­te ay oder ey folgt.
Die R-Endung -ru kann zu -r gekürzt wer­den, wenn sie auf einen Vokal oder die Dop­pel­lau­te aw oder ew folgt.
-
Die Pseu­do­vo­ka­le ll und rr hei­ßen des­we­gen so, weil sie zwar zu den Voka­len gezählt wer­den, sich gram­ma­ti­ka­lisch aber wie Kon­so­nan­ten ver­hal­ten. Sie erhal­ten dem­nach die Fall­endun­gen, die für Kon­so­nan­ten vor­ge­se­hen sind.
-
Der Tìf­tang ’ kann als ein­zi­ger Kon­so­nant auch die R-Endung -ru erhalten.

Wofür das alles gut sein soll

Wie am Anfang die­ser Lek­ti­on erwähnt: In man­chen Situa­tio­nen ist es ein­fach „ele­gan­ter” bzw. „natür­li­cher”, den Sprach­fluss durch die Wahl einer bestimm­ten Fall­endungs­va­ri­an­te ent­spre­chend auf­zu­bau­en oder am Lau­fen zu hal­ten. Und ein paar Sil­ben neben­bei ein­zu­spa­ren ist doch auch ganz nett :D Mal zwei kon­kre­te Beispiele:

Neytiri tìng nari Kir­i­ru ulte teyluti ateyr tìng poru. = Ney­ti­ri betrach­tet Kiri und gibt ihr ein wei­ßes Teylu.
So hast du es von den Fall­endun­gen bis­her gelernt und der Satz ist auch voll­kom­men ver­ständ­lich, kor­rekt und in Ord­nung so. Aller­dings kann man da noch ein wenig feinschleifen:

Neytiri tìng nari Kir­ir ulte teylut ateyr tìng por. = Ney­ti­ri betrach­tet Kiri und gibt ihr ein wei­ßes Teylu.
Von der Bedeu­tung her ist der Satz voll­kom­men iden­tisch, aller­dings wur­den die Fall­endun­gen gemäß der Regeln hier gekürzt. Ach­te dabei auf den Wech­sel zwi­schen Kon­so­nan­ten und Voka­len - hier wech­seln sie sich flie­ßen­der bzw. regel­mä­ßi­ger ab, man spart eini­ge Sil­ben ein und die Wör­ter kön­nen bes­ser inein­an­der flie­ßen. Eine ver­kürz­te Fall­endung am Satz­en­de ist rela­tiv häu­fig anzutreffen.

Koaka tiretul alafyon ‘ewana tsamsiy­uru akanu lora masatit akllvawm vun. = Der alte, wei­se Scha­ma­ne ver­sorgt den jun­gen, schlau­en Krie­ger mit einer schö­nen, erd­brau­nen Brustplatte.
Das Ein­zi­ge, was man hier noch sinn­voll kür­zen könn­te, wäre tsa­msi­y­uru → tsa­msi­yur, sodass das r von tsa­msi­yur und das a von aka­nu bes­ser inein­an­der flie­ßen kön­nen - nötig ist aber auch dies nicht.
Masat­ti statt masa­tit zu ver­wen­den wür­de ich nie emp­feh­len, da der dadurch ent­stan­de­ne Kon­so­nan­ten­kno­ten „tti” nicht nur unschön aus­sieht, son­dern auch nur schwam­mig aus­zu­spre­chen ist, da die bei­den t gespro­chen zu einem ver­schmel­zen. Zudem hät­te man hier kei­nen wirk­li­chen Nut­zen davon, denn masa­tit und akll­vawm flie­ßen bereits schön inein­an­der. Ver­glei­che ruhig selbst: masa­tit akll­vawm - masat­ti akll­vawm. Ers­te­res ist bes­ser, oder? ;D

Aber nicht ver­ges­sen: Letzt­lich ist das alles sub­jek­ti­ve Geschmacks­sa­che und per­sön­li­che Prä­fe­renz. Solan­ge du dich an die Regeln hältst, darfst du das hier vor­ge­stell­te Wis­sen frei ver­wen­den und so begin­nen dei­nen eige­nen „Duk­tus” zu formen!
Um dir dafür Raum zu geben, sind die hier vor­ge­stell­ten Fall­endungs­va­ri­an­ten ab die­ser Lek­ti­on auch in den kom­men­den Übun­gen zulässig.

Apro­pos Übun­gen, wenn du magst, kannst du dich hier direkt an den Ver­kür­zun­gen und Aus­nah­men versuchen:

Und / oder du kannst auch ger­ne zur nächs­ten Lek­ti­on wei­ter­zie­hen, sobald du dich dafür bereit fühlst! :D