Infi­xe - per­fek­te Hand­lun­gen, Absicht und Kom­bi­na­ti­ons­in­fi­xe - Pos. 1

Die abge­schlos­se­ne (per­fek­te) und nicht abge­schlos­se­ne (imper­fek­te) Hand­lung <ol> + <er> - Posi­ti­on <1>

Ob eine Hand­lung abge­schlos­sen ist oder nicht, hat nichts mit dem Zeit­rah­men zu tun, in dem die Hand­lung statt­fin­det. Das ken­nen wir auch aus dem Deut­schen. Beispiele:
Ich wer­de gegan­gen sein.
Ich habe geschlafen.
Ich habe gera­de gegessen.

Die­se drei Bei­spie­le zei­gen abge­schlos­se­ne Hand­lun­gen, aber in der Ver­gan­gen­heit und Zukunft.

 

Glei­ches kann man auch mit nicht abge­schlos­se­nen, also immer noch statt­fin­den­den Hand­lun­gen machen:
Ich war gera­de am essen.
Ich wer­de am gehen sein.
Ich wer­de gleich am schla­fen sein.

Klingt in der deut­schen Spra­che eher klo­big und unge­schickt, auf Na’­vi und Eng­lisch ist das aber gän­gi­ger Sprach­ge­brauch und ein ver­trau­tes Kon­zept. Beispiel:

Ich lese gera­de → I am rea­ding → oe <er>inan.
<er> wird für nicht abge­schlos­se­ne Hand­lun­gen verwendet.

Ich habe gele­sen → I have read → oe <ol>inan.
<ol> wird für abge­schlos­se­ne Hand­lun­gen verwendet.

Als ich im See schwim­men war (<er> + Ver­gan­gen­heit), habe ich einen Fisch gese­hen (<ol>).

In der Regel kann man sagen, dass die Mehr­heit der Leu­te, die Na’­vi ler­nen und spre­chen, <ol> den Zeit­in­fi­xen (Ver­gan­gen­heit) gene­rell vor­zie­hen - mich ein­ge­schlos­sen. Und auch wenn <ol> und <er> nichts mit Zeit zu tun haben, so sind sie in den meis­ten Sät­zen doch die „ele­gan­te­re” und „geläu­fi­ge­re” Lösung, zumal Zeit­in­fi­xe auch nicht wirk­lich oft ver­wen­det oder vor allem (in einem Satz oder eta­blier­ten Kon­text) nicht wie­der­holt wer­den müs­sen oder soll­ten (sie­he Hin­weis in der letz­ten Lek­ti­on - dies gilt auch für <ol>).

Wei­ter unten (→Kom­bi­na­ti­ons­in­fi­xe) könnt ihr mehr dar­über erfah­ren, wie <er> und <ol> Zeit­rah­men eta­blie­ren können.

 

In Lek­ti­on 12 haben wir erfah­ren, dass eini­ge Ver­ben „rum­zi­cken”, wenn <ol> oder <er> ins Spiel kom­men, zum Bei­spiel das Verb pllt­xe. Auch hier ver­schmel­zen Buch­sta­ben mit­ein­an­der oder fal­len weg, aus plltxe wird also poltxe und nicht etwa polllt­xe (3x L in Fol­ge wür­den gegen die Sil­ben­re­geln der Spra­che verstoßen).
Ähn­li­ches pas­siert auch bei mllte + <ol> = molte, oder mll’an + <ol> = mol’an, oder pllhrr + <ol> = polhrr, oder vll + <ol> = vol, oder nrr + <er> = ner.

vrrìn, ‘rrko und frrfen + <er> blei­ben ein­fach vrrìn, ‘rrko und frr­fen.

Hin­ter­grund­in­fo dazu (für die­je­ni­gen, die’s ganz genau wis­sen wollen):

  • Wenn die Pseu­do­vo­ka­le LL und RR in der im Verb beton­ten Sil­be ste­hen, wer­den <ol> oder <er> ein­fach fal­len­ge­las­sen  (z.B. frrfen → frrfen).
  • Ste­hen LL oder RR in einer nicht beton­ten Sil­be eines Verbs, wer­den die Pseu­do­vo­ka­le fal­len gelas­sen und die Infi­xe <ol> oder <er> tre­ten an ihre Stel­le (z.B. wie bei plltxe  → poltxe).
  • Ein­sil­bi­ge Ver­ben mit Pseu­do­vo­kal ver­hal­ten sich, als ob sie unbe­tont wären, also wer­den auch hier LL oder RR fal­len­ge­las­sen und <ol> oder <er> tre­ten an ihre Stel­le (z.B. nrr, vll → ner, vol).

Das häu­fig ver­wen­de­te und sehr hilf­rei­che Sub­junk­tiv-Infix <iv> - Posi­ti­on <1>

<iv> wird nicht nur im Zusam­men­hang mit Modal­ver­ben (→ Lek­ti­on 18) ver­wen­det. Gene­rell wird es als „Sub­junk­tiv” beti­telt und fin­det in vie­len Situa­tio­nen Anwendung:

Sub­junk­tiv / „Kon­junk­tiv”:
Tswal livu nga­hu. Möge die Macht mit dir sein.
ivong Na’­vi! Möge Na’­vi erblühen!
Tsa­k­em sivi oe… Wür­de ich das (jene Hand­lung) tun…
Txo tsivun wiveyn oe… Wenn ich zeich­nen könn­te
Nan­t­ang­tsyìp oeru livu… Hät­te ich einen Hund…

Impe­ra­tiv / Befehlsform:
Rut­xe, pivllt­xe. Sprich, bit­te. (Mögest du bit­te sprechen.)
Kivä neto! Hau ab! Geh weg! (Mögest du weggehen!)
Ayn­ga neto rivikx! Bewegt euch weg! Tre­tet zurück! (Möget ihr euch weg bewegen!)
Ftivang nga! Hör auf! Du, höre auf!

Ob im Zusam­men­hang mit dem Impe­ra­tiv <iv> ver­wen­det wird oder nicht, ist rei­ne Geschmacks­sa­che. Der Befehl wird durch <iv> nicht „mil­der” oder weni­ger „harsch”, <iv> wirkt sich hier also nicht wirk­lich bedeu­tungs­ver­än­dernd aus!

Um aus einem Befehl eine auf­for­dern­de Bit­te zu machen, kann man jeder­zeit ger­ne rut­xe ver­wen­den - „bit­te” und „dan­ke” haben schließ­lich noch nie wirk­lich geschadet ;)

Ohne <iv> bleibt der Ton der Befeh­le also der gleiche:
Rut­xe, pllt­xe. Sprich, bit­te. 
Kä neto! Hau ab! Geh weg!
Ayn­ga neto rikx! Bewegt euch weg! Tre­tet zurück!
Ftang nga! Hör auf! Du, höre auf! 

 

Außer­dem gibt es eini­ge Wör­ter, dar­un­ter vor allem Kon­junk­tio­nen, die <iv> im nach­fol­gen­den Verb zwin­gend erfor­dern, zum Bei­spiel txo und fte bzw. fte­ke:
Oe inan fte nivume. Ich lese um zu lernen.
Nari soli ayoe fte­ke nìhawng livok. Wir haben auf­ge­passt nicht zu nahe zu kommen.
Swey­lu txo yivom ‘uot ngal. Es wäre das bes­te, wenn du etwas essen wür­dest. / Du soll­test etwas essen.

Txo erfor­dert nicht immer zwin­gend den <iv>-Infix; in der Umgangs­spra­che kann man <iv> in Ver­wen­dung mit txo eigent­lich auch weg­las­sen, aber ich wür­de vor allem jedem Anfän­ger emp­feh­len, dies nur zu tun, wenn er sich aus­rei­chend mit dem The­ma Umgangs­spra­che (Lek­ti­on 33) aus­ein­an­der gesetzt hat. In der normalen/förmlichen Spra­che schickt es sich nicht, <iv> wegzulassen ;)

 

Absicht bzw. Ent­schlos­sen­heit etwas (in der [nahen] Zukunft) zu tun <ìsy> + <asy> - Posi­ti­on <1>

Die­se Infi­xe kann man natur­ge­mäß nur ver­wen­den, wenn man über sich selbst bzw. eige­ne Vor­ha­ben spricht. Man ver­wen­det sie, wenn man defi­ni­tiv bzw. abso­lut vor hat, etwas zu tun.
Eini­ge Bei­spie­le soll­ten ihre Ver­wen­dung klar machen:

Sasya! Ich wer­de mich der Her­aus­for­de­rung stel­len! Ich wer­de es schaffen!

Sasya!” kann auch als (humor­vol­le, ener­ge­ti­sche oder bewusst über­schwäng­li­che) Ant­wort auf eine Bit­te ver­wen­det wer­den, wie in: „Könn­test du mich mor­gen bit­te anru­fen? - Na klar doch! / Na sicher!”

Tìsyätxaw oe. Ich wer­de bald zurückkehren.

Nasyìn fìre­lit aru­si­kx. (Ich) wer­de mir die­sen Film anschauen.

 

Das (ver­meint­li­che) Cha­os der zusam­men­ge­setz­ten Infi­xe (Kom­bi­na­ti­ons­in­fi­xe) - Posi­ti­on <1>

Joa, jetzt wird’s kunterbunt xD

Die zusam­men­ge­setz­ten Infi­xe haben schon so man­chen zur Ver­zweif­lung getrie­ben, aber im Grun­de sind auch sie logisch auf­ge­baut und kom­men zum Glück nur rela­tiv sel­ten zum Ein­satz ;) Da sie aber Teil der Spra­che sind und doch ab und an sehr nütz­lich oder gar not­wen­dig sind, wer­fen wir mal einen Blick oder zwei darauf.

Gene­rell gilt zu beach­ten, dass zwei Infi­xe der sel­ben Posi­ti­ons­grup­pe nicht neben­ein­an­der ste­hen kön­nen. Man kann also nicht gleich­zei­tig z.B. <ei> und <uy> (<2>) ver­wen­den (Aus­nah­me bil­den hier <eyk> und <äp>, <0>, → <äpeyk>). Da es aber eigent­lich kein Pro­blem dar­stellt (auch nicht im Deut­schen) Zeit­for­men und abgeschlossene/nicht abge­schlos­se­ne Hand­lun­gen mit­ein­an­der zu kom­bi­nie­ren („ich wer­de geges­sen haben”), haben wir unse­re tol­len Kom­bi­na­ti­ons­in­fi­xe - und mehr:

Na’­vi treibt das gan­ze näm­lich wie gewohnt auf die Spit­ze und wür­felt alle mög­li­chen Infix­ar­ten zusam­men, die auf Deutsch so auch nicht immer wirk­lich Sinn erge­ben oder Anwen­dung fin­den würden. x)

Bei­spiel-Verb taron:

Zeit + Sub­junk­tiv <iv>

<imv> am/ìm + iv - tim­va­ron - hät­te gejagt
<ìyev> ìy + iv - tìye­va­ron - wür­de bald jagen
<iyev> ay + iv - tiye­va­ron - wür­de (in der Zukunft) jagen

perfekt/imperfekt + Sub­junk­tiv <iv>

<irv> er + iv - tir­va­ron - wür­de jagen
<ilv> ol + iv - til­va­ron - wür­de gejagt haben

Zeit + perfekt/imperfekt

<arm> am + er - tar­ma­ron - war am jagen
<ìrm> ìm + er - tìr­ma­ron - war gera­de am jagen
<ìry> ìy + er - tìryaron - bald am jagen sein
<ary> ay + er - taryaron - (in der Zukunft) am jagen sein
<alm> am + ol - tal­ma­ron - hat­te gejagt (das berühmt-berüch­tig­te Plus­quam­per­fekt :D)
<ìlm> ìm + ol - tìl­ma­ron - hat­te gera­de gejagt
<ìly> ìy + ol - tìly­aron - bald gejagt haben werden
<aly> ay + ol - taly­aron - gejagt haben werden

Da all die­se Kom­bi­na­tio­nen aus Infi­xen der Posi­ti­ons­grup­pe <1> gebil­det wur­den, haben die­se Kom­bi­na­ti­ons­in­fi­xe eben­falls die Posi­ti­on <1>.

Vor allem Kom­bi­na­tio­nen aus Zeit + Sub­junk­tiv erge­ben im Deut­schen öfters Schwie­rig­kei­ten, aber auf Na’­vi sind sie fast all­ge­gen­wär­tig, zumin­dest aber in dem all­seits bekann­ten Abschieds­gruß kìye­va­me = möge ich (dich) bald sehen.

 

Ver­glei­chen wir mal fol­gen­de Sätze:

Oel hu Txe­wì trram na’rìn­git tok, tse­’a syep­tu­tet atsawl fra­to mì sìrey.
Ich war ges­tern mit Txe­wì im Wald, (und) ich sah die größ­te Hyne­man (Pflan­ze), (die ich je) im Leben (gese­hen habe).
Hier wird gar kein Infix genutzt, weil trram als fest­le­gen­des Ele­ment für den Zeit­rah­men bereits voll­kom­men ausreicht.
Jetzt der glei­che Satz noch­mal mit einem Kom­bi­na­ti­ons­in­fix (<er>+<am>=<arm>) und <ol>:

Oel hu Txe­wì trram na’rìn­git tarmok, tsole’a syep­tu­tet atsawl fra­to mì sìrey.
Während/als ich ges­tern mit Txe­wì im Wald war, habe ich die größ­te Hyne­man gese­hen, (die ich je) im Leben (gese­hen habe).
Durch <arm> wird der Zeit­rah­men gesetzt, hier in der Ver­gan­gen­heit (ges­tern, ver­deut­licht durch trram) - „Während/als ich im Wald war…
- und wäh­rend die­ser Zeit (<er>) habe ich etwas gese­hen (<ol>) - wel­ches wie­der­um eine abge­schlos­se­ne Hand­lung inner­halb die­ses Zeit­rah­mens ist.

Das ist viel­leicht schon etwas „geho­be­ner” bzw. defi­ni­tiv fort­ge­schrit­te­ner Gebrauch der Spra­che, aber mei­ner Mei­nung nach defi­ni­tiv erstre­bens­wert. Man könn­te das Gan­ze natür­lich auch anders aus­rü­cken, aber war­um soll­te man das tun, wenn es durch ein klei­nes Kom­bi-Infix wesent­lich kom­pak­ter und ele­gan­ter geht? ;) Noch­mal zum Ver­ständ­nis fol­gen­der Vergleich:

Teng­krr oel hu Txe­wì trram na’rìn­git terok, tso­le’a syep­tu­tet atsawl fra­to mì sìrey.:meh:
-versus-
Oel hu Txe­wì trram na’rìn­git tarmok, tso­le’a syep­tu­tet atsawl fra­to mì sìrey.:cheesy:

Ist letz­ten Endes aber rei­ne Geschmacks­sa­che und ganz egal wel­che Ver­si­on euch per­sön­lich bes­ser gefällt, legi­tim und ver­ständ­lich sind sie beide ^^

 

Wie auch immer… Macht euch kei­nen Stress, wenn ihr euch nicht alle Kom­bi­na­ti­ons­in­fi­xe mer­ken könnt oder sie rich­tig anwen­den könnt; denn wie gesagt, sie fin­den eigent­lich ver­gleichs­wei­se sel­ten Anwen­dungs­mög­lich­kei­ten (meist im Zusam­men­hang mit zun… zel… oder dem Aus­druck von Wün­schen in Form von nìrangal/rangal oder Bei­spiel­sät­zen wie den gera­de eben).